Zum Gewinnen gehören Talent und Arbeit

Der Ilmenauer Tim Enders hat schon sehr früh sein Interesse für die Naturwissenschaften entdeckt. Dabei ist er kein Spezialist, sondern eher ein Multitalent: neben einem Regionalrundensieg bei Chemie - die stimmt! hat er auch Erfolge beim Auswahlverfahren zur Internationalen PhysikOlympiade und vor allem Silbermedaillen bei der Junior Science Olympiad und der Internationalen ChemieOlympiade vorzuweisen.

Tim Enders ist ein alter Wettbewerbshase. Er nimmt schon seit Jahren – höchst erfolgreich ! – an verschiedenen MINT-Wettbewerben teil. Überraschen kann das eigentlich nicht, wenn man weiß, welche Schule Tim besucht: „Die Goetheschule Ilmenau ist ein Gymnasium mit einer Spezialklasse ab der Neunten, auf die man sich bewerben kann. Mittlerweile gibt es weniger Bewerber; die Gründe dafür kenne ich nicht. Aber normalerweise gibt es ein Auswahlgespräch und eine Auswahlprüfung. Die Spezialklasse geht bis zur Zwölften. Es gibt ein bisschen weniger Gesellschaftswissenschaften und Sprachunterricht, dafür aber etwas mehr Naturwissenschaft.“ An die Schule angeschlossen ist auch ein Internat; der Besuch ist aber nicht verpflichtend. Tim zum Beispiel ist Ilmenauer und wohnt bei seinen Eltern.

Sein Interesse für MINT-Fächer hat Tim schon sehr frühzeitig entdeckt. Daran war seine Familie nicht unbeteiligt: „Als ich klein war habe ich mit meinen Cousins - wenn wir bei der Oma auf dem Dorf waren -immer alles Mögliche angezündet, z.B. so Sachen wie Dachpappe. Und Pyrotechnik war auch recht schnell in unseren Fingern. Da waren wir vielleicht 10. Mein Vater, ein studierter Forstingenieur, hat das alles ziemlich locker gesehen. Dennoch hatte er darauf geachtet, dass wir uns nicht verletzten und dass es trotzdem noch Spaß machte. Er hatte mir dann auch verschiedene Sachen gezeigt. Zum Beispiel hatten wir in einem alten Schuppen Wandsalpeter abgekratzt, mit Kohlenstoffstaub gemischt und so versucht, etwas zu bauen, was funktionieren könnte – hochfliegt oder was auch immer. Das hat nicht so richtig funktioniert. Aber es hat halt schon irgendwo Interesse geweckt.“ Das Verständnis für chemische Zusammenhänge blieb anfangs noch aus. Aber der Funke war geweckt: „Als ich klein war, hatte ich noch nicht gewusst, wie das alles funktioniert. Es kam dann aber schon so, dass ich mich dann in der siebten Klasse, wo Chemieunterricht begonnen hat, auf den Chemieunterricht gefreut und dann auch Bücher gelesen habe. Aber so richtig mit Übungen machen und Aufgaben durchrechnen hat es bei mir erst in der zehnten Klasse angefangen.“

Der Auslöser für Tims Ehrgeiz war eine ganz knappe Nummer: „Die 2. Runde des Auswahlverfahrens für die Internationale PhysikOlympiade (IPhO) vor 2 Jahren hatte ich ganz knapp noch geschafft – als 48igster. Beim 50. Platz ist bei der IPhO dann Schluss. Und da habe ich dann angefangen, auch einmal was zu üben und das nicht nur für Physik sondern halt auch für Chemie. Vorher war es eher so, dass ich mir mal ein Buch vorgenommen habe, zum Beispiel den Mortimer, aber da jetzt nichts rausgeschrieben oder irgendwelche Übungen dazu gemacht habe. Dann blieb es eben einfach nicht so gut hängen.“ Inzwischen beschäftigt sich Tim etwa zehn Stunden die Woche über die Schule hinaus mit MINT-Fächern, vor allem mit Physik, Chemie und Biologie.

Während er sich alles Kind noch über praktische Experimente, zum Beispiel das Erzeugen einer grünen Flamme, gefreut hat, ist er jetzt eher daran interessiert, wie die Phänomene zustande kommen – warum es grün leuchtet. Darum hatte Tim vergleichsweise von den Lockdowns profitiert. „Ich habe einfach Spaß daran, Sachen zu verstehen. Die Gedanken hinter manchen Aufgaben, insbesondere bei Physik oder physikalischer Chemie. Also, was ist jetzt der Kerngedanke, was man da macht, was man braucht, um die Aufgabe zu lösen. Ich mag organische Chemie sehr. Es gab bei mir letztes Jahr drei Phasen des Übens. Anfang letztens Jahres, Januar bis August habe ich einfach Aufgaben gerechnet und ein wenig gelesen. Dann von August – nach der IChO - bis Dezember habe ich mir den ganzen Clayden vorgenommen – abgesehen von den letzten paar Kapiteln Biochemie – habe ihn mir durchgelesen, rausgeschrieben, was wichtig ist und dann noch ein Aufgabenbuch dazu durchgemacht. Ich muss sagen, organische Chemie ist auch extremst schön. Manche Mechanismen sind so schön und stimmig, dass man die sich auch einfach einprägt. Aber so die Namen, wer das jetzt gemacht hat, das interessiert mich relativ wenig. Im Vergleich – da habe ich ja wirklich so vier, fünf Monate in die OC reininvestiert während ich bei der PC so etwas nie gemacht habe. Ich habe nie irgendwie einen Atkins gelesen, außer wenn mal wirklich etwas unklar war an der Aufgabe.“

Bei alldem waren es die Wettbewerbe, die Tim „in die Spur“ gebracht haben: „Ich finde CDS insofern wichtig, dass man von der 8. Klasse bis zur 10. Klasse irgendwas hat, vor der IChO, wo man schon in Chemie reinschnuppern kann – außerhalb der Schule. Bei ganz vielen Fächern, z.B. Biologie oder Physik, gibt es das nicht deutschlandweit, einen Wettbewerb, der auf die Oberstufenwettbewerbe auch vorbereitet. Denn ich meine, CDS ist vom Wettbewerbstyp schon ziemlich ähnlich mit der IChO. Klar, die Aufgaben sind anders - die sind einfacher – denn es ist ja auch für kleinere Klassenstufen. Aber dadurch wird man halt schon ganz gut hingeleitet und sieht halt, was es auch IChO-mäßig sein könnte.“ Das jahrelange hat sich ausgezahlt! Tim hat dieses Jahr das zweite Mal an der IChO teilgenommen – und konnte das zweite Mal eine Silbermedaille erringen. Tim hat die Naturwissenschaften für sich entdecken können und entsprechend seinen Studienplatz gewählt. Beim Start ins Studium wünschen wir ihm maximalen Erfolg!

Tim hatten sich schon vor einem Jahr den Fragen der Vereinszeitschrift "Faszination Chemie" gestellt. Lesen Sie hier das Interview vom Vorjahr:

Tim Enders hatte Glück: in Ilmenau geboren und aufgewachsen hatte er nach der Grundschule die Chance, das Goethe-Gymnasium zu besuchen - eine Schule, die weit über Thüringen hinaus dafür bekannt ist, ganz große Nachwuchswissenschaftler hervorzubringen. Am Goethe-Gymnasium hatte man schnell sein Talent erkannt und er konnte ab der 7. Klasse verstärkt von Förderunterricht profitieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich bereits einmal bei einem Chemiewettbewerb ausprobiert. Doch bei dem experimentellen Wettbewerb Chemkids wollte es dem Theoretiker nicht so recht gefallen: da galt es vor allem, Versuchsprotokolle anzufertigen. So richtig begeistern konnte er sich dann für Chemie - die stimmt! wo er große Erfolge feierte, zum Beispiel als Regionalrundensieger. Beim CDS-Bundesfinale 2020 wäre er als Favorit auf den Titel Bundessieger angetreten. Wegen einer Erkältung hatte er aber die Gesundheit anderer über seine eigenen Ambitionen gestellt und auf die Teilnahme am Bundesfinale verzichtet. Trotz seines Engagements bei Chemiewettbewerben: Tim kann sich auch für andere Wissenschaften begeistern, besonders für die Physik. So gelang es ihm, den 9. Platz unter 700 Teilnehmenden beim deutschen Auswahlverfahren für die Internationale PhysikOlympiade (IPhO) zu erzielen. Möglich machte das auch die exzellente Förderung an seiner Schule: Tim belegt nicht nur alle Naturwissenschaften als Leistungskursfächer, sondern besucht zudem verschiedene “Leistungszentren” - Kurse mit sehr kleiner Schülerzahl - die speziell auf die Teilnahme bei Olympiaden vorbereiten. Da überrascht es nicht, dass Tim 2019 als Mitglied im sechsköpfigen deutschen Auswahlteam in Qatar eine Silbermedaille bei der Junior Science Olympiad ergatterte. Sein größter Coup gelang ihm aber im Sommer 2021: als Mitglied im vierköpfigen deutschen Auswahlteam bei der Internationalen ChemieOlympiade “in Japan” (die Olympiade fand virtuelle statt; das Auswahlteam hatte sich dazu in Erfurt getroffen) konnte er ebenfalls eine Silbermedaille erringen. Wie er für all diese Teilnahmen die Zeit findet, fragt man sich. “Ich bin durchaus organisiert!” bestätigt Tim. Und er fügt hinzu: “Bis vor knapp einem Jahr habe ich nicht viel für Olympiaden gemacht. Als ich dann auf Platz 48 ganz knapp in eine IPhO-Runde gerutscht bin, habe ich mich danach aufgerafft. Hätte ich das nicht gemacht, wäre ich nicht in die höchste IPhO-Runde gekommen und auch nicht in das IChO-Nationalteam. Um zu gewinnen, braucht es nicht nur Talent sondern auch viel Arbeit.” Dabei ist die Investition in das Studium der Naturwissenschaften sicher keine vertane Zeit. Lange hatte Tim das Ziel vor Augen, Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren. Durch die intensive Beschäftigung mit Physik und Chemie hat sich Ziel etwas verändert: “Ich habe ins Auge gefasst, physikalische Chemie zu studieren. Das ist auch immer noch mein Wunsch.” Wir wünschen viel Erfolg auf diesem Weg!